Einen Viertausender knacken, das war schon immer mein großer Traum. Für eine professionelle Skibergsteigerin sollte das machbar sein. Doch als ich vor einigen Jahren, im Zuge der Mountopia Kampagne von Dynafit, gefragt wurde was mein großer Traum sei, war ich noch nicht wirklich erfahren in den Bergen. In den vergangenen Jahren durfte ich jedoch einige Berg-Abenteuer erleben und somit schien die Überschreitung der 4.000 Meter Marke mehr als realistisch. So suchte ich mir im Internet einen vermeintlich leichten Viertausender aus. Doch es musste eine wirkliche Herausforderung werden! Deshalb entschloss ich mich zu einem Bike & Hike von meinem Heimatort Schladming (AUT) nach Aosta (ITA) und weiter auf den Gipfel des Gran Paradiso. Mein Papa war sofort von meinem Projekt begeistert. Ohne lange nachzudenken war er mit von der Partie. Gemeinsam ging es kurz darauf los.
Ende Juli 2017 starteten wir von Schladming aus Richtung Aosta. Die darauf folgenden sieben Tage sollten uns super Wetter, wunderschöne Pässe, herrliche Landschaften und vor allem viel Spaß zu zweit bereiten.
Vom Übermut gepackt
Auf der ersten Etappe von Schladming nach Gerlos war ich natürlich höchst motiviert. Sorglos trat ich in die Pedale meines etwas in die Jahre gekommenen Fahrrads. Auch vergas ich dabei die Packtaschen, die links und rechts neben dem Hinterreifen baumelten. Bereits beim ersten langen Anstieg auf den Gerlospass war ich dann richtig erledigt vom ungewohnten Gewicht am Rad, sodass ich einige Male stehen bleiben musste. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich das derart zu spüren bekomme. Auf dem Weg zum ersten Etappenziel wusste ich deshalb nicht genau, wie ich jemals in Aosta ankommen sollte. Doch mein Papa schob mich wie in den guten alten Zeiten die letzten paar Meter bis zur Passhöhe hinauf und ich fühlte mich wieder wie 12. Vollkommen durchfroren von den ersten Etappe mit 160 Kilometern und 2.000 Höhenmetern suchten wir uns in Gerlos eine Unterkunft für die erste Nacht.
Königsetappe
Am nächsten Tag ging es hinunter ins Zillertal und über meist flache Straßen nach Innsbruck bis zu unserem Tagesziel Landeck. Dieser Tag diente der Erholung und war sehr wichtig für mich. Denn am nächsten Tag sollte schon der nächste Pass auf uns warten. Die dritte Etappe führte uns über Scuol, den wunderschönen Flüelapass nach Davos und weiter nach Tiefencastle. Erst nach dem dritten Tag fühlte ich mich richtig wohl auf meinem Rad und auch das Gepäck spürte ich nicht mehr allzu schlimm. Wir kamen sehr zügig voran und wussten, dass wir vermutlich einen Tag zu früh in Aosta ankommen würden. Somit beschlossen wir, nachdem wir am Oberalppass angekommen waren, einen zusätzlichen Tag in Andermatt zu verbringen. In Andermatt lagen bereits 580 Kilometer und 6.800 Höhenmeter hinter uns. Von dort aus fuhren wir am nächsten Tag eine extra Runde. Mit dem Susten-, Grimsel- und Furkapass durften wir drei echte Klassiker in den Schweizer Alpen erleben. Das war wohl mit Abstand die schönste Etappe und gleichzeitig auch noch unsere Königsetappe mit 120 Kilometern und 3.300 Höhenmetern.
Von Andermatt ging es am nächsten Tag weiter über den Gotthard und Nufenenpass nach Visp. Unsere letzte Etappe führte uns noch über Martigny und den Großen Sankt Bernhard nach Aosta. Völlig erschöpft aber überglücklich kamen wir dann nach sieben Tagen in Aosta an. Die Wettervorhersage war gut und somit wussten wir, dass einem Gipfelsieg auf den Gran Paradiso nichts mehr im Wege stehen sollte. Ich fühlte mich fit und bereit für meinen ersten Viertausender und war schon sehr gespannt wie es mir mit der Höhe wohl gehen werde.
Mit Tempo Richtung Gipfel
Am Gipfeltag startete ich um 4 Uhr morgens mit unserem Bergführer Philipp Schädler Richtung Rifugio Chabod, einer Schutzhütte auf 2.800 Metern Seehöhe. Ich war natürlich top motiviert und freute mich wie ein kleines Kind. Mein Papa ging schon am Vortag auf die Hütte und erwartete uns dort. Nach einem kleinen Frühstück starteten wir dann um 6 Uhr in Richtung Gipfel. Vor uns sahen wir schon einige Lichter, die aber mit zunehmendem Sonnenaufgang nach der Reihe verschwanden. Wir kamen gut voran und mussten schon bald auf Steigeisen umsteigen. In unserer Dreier-Seilschaft verging alles wie im Flug und ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Unser Tempo war, obwohl es für mich gefühlt sehr langsam war, trotzdem noch um Welten schneller als das der anderen Seilschaften.
Wir kamen immer höher hinauf und der Gipfel rutschte immer näher. Am Grat oben angekommen war es relativ windig und somit trotz strahlendem Sonnenschein etwas frisch. Nach einer kurzen Kletterpassage erreichten wir dann den Gipfel und es fühlte sich sooooo gut an. Ich vertrug die Höhe wunderbar und wusste in diesem Moment genau, dass ich bald wieder einmal auf einem hohen Berg stehen möchte. Mein Mountopia war somit geschafft. Der Abstieg verlief noch problemlos über einige Spalten. Angekommen bei der Hütte verbrachten wir noch gemeinsam einen lustigen Nachmittag.
Zusammengefasst haben wir mit dem Rad rund 1.000 Kilometer und knapp 15.000 Höhenmeter hinter uns gelassen. Zum Gipfel waren es dann auf Ski und zu Fuß nochmal 2.300 Höhenmeter. Ich muss echt sagen: „Das war ein richtig cooles und anspruchsvolles Erlebnis. Doch nicht nur das Erreichen meines Moutopias machte es so wunderbar, sondern die geteilten Momente mit meinem lieben Papa.“
Etappen:
- Schladming – Gerlos
- Gerlos – Landeck
- Landeck – Scuol – Flüelapass – Davos – Tiefencastle
- Tiefencastle – Andermatt
- Andermatt – Sustenpass – Grimselpass – Furkapass – Andermatt
- Andermatt – Gotthard – Nufenenpass – Visp
- Visp – Martigny – Großer Sankt Bernhard – Aosta