Härtetest für die P49 Bindung – Alpenüberquerung nonstop
210 Kilometer und 10.500 Höhenmeter ohne Schlaf oder lange Pausen über die Alpen. Bei seiner „Speed-Transalp Nonstop “ vertraute Speedbergsteiger Benedikt Böhm auf das neue DYNAFIT Pintech System mit der ultraleichten Race-Bindung P49 und dem dazu passenden DNA Pintech by Pierre Gignoux Rennschuh. Revolutionär ist dabei nicht nur das minimale Gewicht der Bindung von 49 Gramm, sondern das Zusammenspiel von Bindung und Schuh: Anstatt der seit 35 Jahren bewährten Kombination aus beidseitigen Pins am Vorderbacken der Bindung und passenden Inserts im Skitourenschuh finden die federgelagerten Pins bei der Pintech direkt an der Schuhspitze ihren Platz. Der Vorteil des neuen Konzepts: Der Einstieg in die Bindung wird deutlich leichter, komfortabler und schneller. Gleichzeitig lässt sich das Gesamtgewicht signifikant reduzieren. Soweit die Theorie – aber ob das komplett neue System auch beim ultimativen Härtetest in der Praxis bestehen kann? Benedikt verrät es euch.
Keine Experimente – das ist eigentlich eines der ungeschriebenen Gesetze, wenn man Großes vorhat oder sportliches Neuland betreten möchte. Bei Herausforderungen, die einen physisch und psychisch an die eigenen Grenzen bringen, muss man sich ich auf sein Equipment zu 100 % verlassen können. Daher setzt man normalerweise auf Material, mit dem man bereits gute Erfahrungen sammeln konnte und das sich in der Praxis mehrfach bewährt hat. Oder wer würde beispielsweise seinen ersten Marathon mit Schuhen laufen, die er noch kein einziges Mal getragen hat?
Bei anspruchsvollen Touren setzt man normalerweise auf Bewährtes. Jetzt ist nicht die Zeit für Experimente. Eigentlich.
Meine „Speed-Transalp Nonstop“ war ein sehr spontanes Projekt. Der Winter 2019 war top, ich war gut im Training und ich hatte einfach Lust, etwas zu starten und an meine Grenzen zu gehen. Unsere neue Pintech Race-Bindung P49 war gerade erst in der Saison 18/19 auf den Markt gekommen und wurde von unseren Athleten bei den ersten Skitouren-Rennen eingesetzt. Die bisherigen Tests hatte das System mit Bravour gemeistert und im Kampf gegen die Zeit zeigten sich bei den Rennen die vielen praktischen Vorteile des neuen Systems. Als Geschäftsführer war ich in den Entwicklungsprozess der letzten vier Jahre sehr eng eingebunden. Wir haben die Idee mit unseren Bindungsingenieuren gemeinsam Stück für Stück weiterentwickelt. Dabei habe ich die Bindung und erste Prototypen natürlich auch bei einigen Touren getestet. Ganz neu war mir die Bindung also nicht, aber ich hatte sie noch nie bei einer langen Tour im Einsatz, geschweige denn bei einem Projekt, das mich an meine Grenzen bringen würde. Trotzdem war mit sofort klar: Ich möchte meine Speed-Transalp unbedingt mit dem neuen Pintech-System machen. Schließlich wollte ich für meine Alpenüberquerung nonstop nicht länger als 36 Stunden brauchen und um möglichst kraftsparend unterwegs zu sein, musste das Material daher so leicht wie nur möglich sein. Gewissermaßen eine Steilvorlage für den Einsatz des neuen Pintech-Systems, das die Welt des Skibergsteigens auf den Kopf stellt.
Die P49 – Die neue Ära der Pin-Bindung
Wie lassen sich Geschwindigkeit und Komfort beim Einstieg in die rahmenlose Pin-Bindung noch weiter steigern und gleichzeitig merklich Gewicht sparen? Mit dieser Fragestellung hatte unser Team intensiv an der Entwicklung eines neuartigen Bindungskonzepts für den Skitouren-Rennsport getüftelt. Dabei wurde schnell klar: Das Optimierungspotential der bisherigen Low Tech Race-Bindung ist in dieser Hinsicht ausgeschöpft. Daher mussten unsere Ingenieure ein vollkommen neues System entwerfen – „Out of the box“ und komplett anders gedacht. Das Ergebnis ist das neue Pintech-System, bei dem das bewährte Zusammenspiel von Pins und Inserts umgedreht wurde. Anstatt beidseitigen Pins am Vorderbacken der Bindung und passenden Inserts im Skitourenschuh finden die federgelagerten Pins bei der Pintech direkt an der Schuhspitze ihren Platz. Mit ihren unglaublichen 49 Gramm wiegt die P49 Bindung dabei weniger als eine halbe Tafel Schokolade.
Die P49 wiegt halb so viel als ein Schlüsselbund oder ein Smartphone.
Um vorne in die Bindung einzusteigen, tritt der Rennläufer einfach mit der Schuhspitze nach unten und schon klickt das System ein und verdrängt dabei Schnee und Eis. Dank der großzügigen Führungskerben ist der Einstieg auch bei starker Hangneigung oder in sehr unebenem Gelände einfach und bequem möglich, ohne daneben zu treten und damit wertvolle Zeit zu verlieren. Am Fersenbereich des DNA Pintech Schuhs ist ein Platten-Insert angebracht, über das der Schuh mit einem festen Tritt nach unten im Hinterbacken einrastet. Ein Alleinstellungsmerkmal des neuen Systems betrifft den Wechsel von Abfahrt zu Aufstieg, der eine zeitkritische Komponente im Skitouren-Rennsport darstellt. Wie von der ISMF vorgeschrieben, löst die Bindung vertikal (Auslösewert 6-7) und lateral (Auslösewert 8-9) aus und kann zudem über zwei seitliche Auswerfer komplett verriegelt werden. Um für das Anlegen der Felle aus der Bindung zu steigen, genügt nun ein einziger Handgriff, der den Vorderbacken zusammendrückt und die Auswerfer umlegt. Besonders praktisch daran ist, dass sich der Ski somit direkt in den Händen des Rennläufers befindet und die Felle im Handumdrehen angelegt sind. Ski auf den Boden, Klick vorne – und schon geht es binnen weniger Sekunden weiter im Race-Modus bergauf. Soweit die Theorie.
28 Stunden und 45 Minuten mit der P49 auf Tour
Auch wenn ich natürlich volles Vertrauen in die Arbeit unserer Ingenieure habe, so hatte ich dennoch ein mulmiges Gefühl im Bauch mit neuem Material, das ich noch nie lange im Einsatz hatte, direkt ein solches Mammutprojekt wie die Speed-Transalp Nonstop anzugehen. Hinzu kam, dass die Wettervorhersage nicht gerade vielversprechen war und schnell klar wurde, dass mich schwierige Schneeverhältnisse erwarten. Was ist, wenn die Bindung bei vollem Kantendruck auf eisiger Piste aufgeht? Oder die seitlichen Auswerfer kaputt gehen und sich die Bindung nicht mehr öffnen lässt? Meine anfängliche Anspannung kann und möchte ich nicht weg reden. Denn so ist es eben: Man setzt in Extremsituationen einfach lieber auf Vertrautes, auch wenn man die Vorteile des Neuen klar vor Augen hat. Mein „Experiment“ mit dem neuen Pintech-System machte sich aber schnell bezahlt und meine anfängliche Skepsis war in kürzester Zeit verflogen.
Hält die Bindung auch bei Vollgas bergab auf eisiger Piste? Hoffentlich!
In den 28 Stunden und 45 Minuten meiner Speed-Transalp mit ihren 210 Kilometern und 10.500 Höhenmetern konnte ich das Pintech-System auf Herz und Nieren prüfen und ich wurde keinen Moment enttäuscht. Einmal umgestellt und daran gewöhnt war der Einstieg kinderleicht und super schnell. Man tritt einfach mit der Schuhspitze nach unten, verriegelt die Bindung und schon kann es losgehen. Gleiches für die Abfahrt. Ein kräftiger Tritt mit der Ferse nach unten und schon steht man sicher und fest in der Bindung. Die Bindung verriegelt automatisch. Das Öffnen der Bindung über die seitlichen Auswerfer des Vorderbackens ist zunächst eine Umstellung, wenn man es wie ich seit über 20 Jahren gewohnt ist, dass man seine Bindung über einen Hebel am Vorderbacken verriegelt. Aber auch das hat man schnell raus und den neuen Handgriff verinnerlicht. Besonders praktisch ist, dass man den Ski direkt in der Hand hat, wenn man von der Abfahrt wieder in den Aufstieg wechselt. Schließlich muss man den Ski zum Anfellen ohnehin in die Hand nehmen. Wenn man wie bei der Speed-Transalp über 20 Mal an- und wieder abfellt, dann ist das schon sehr komfortabel und spart Zeit. Aber das ist natürlich nicht der einzige Vorteil der neuen Bindung. Die 49 Gramm Gewicht sind einfach unschlagbar. Zusammen mit dem DNA Ski und dem DNA Pintech Schuh hat man ein unglaublich leichtes Set-up, mit dem man extrem schnell unterwegs sein kann. Das minimale Gewicht geht dabei aber keinesfalls zu Lasten der Sicherheit oder Robustheit der Bindung.
Die Speed-Transalp war der ultimative Härtetest für das Pintech-System.
Wie bereits erwähnt waren die Bedingungen bei diesem Projekt alles andere als optimal. Wir hatten alles dabei – von gefrorenen und brettharten Piste über Regen hin zu Bruchharsch. Von genussvollen Abfahrten konnte größtenteils nicht die Rede sein. Aber auch bei den brutalsten Abfahrten hat mich die Bindung nicht im Stich gelassen. Wäre sie aufgegangen, so hätte das fatale Folgen gehabt. Aber bereits nach der ersten Abfahrt hatte ich vollstes Vertrauen in das System. Die Gedanken an eine mögliche Fehlauslösung waren wie weggeblasen und ich konnte mich voll und ganz auf den Sport konzentrieren und mein Ziel erreichen. Das neue Pintech-System war zweifellos das Herzstück meiner Ausrüstung bei der Speed-Transalp und hat dementsprechend einen maßgeblichen Anteil daran, dass ich es in unter 29 Stunden geschafft habe. Dabei hat mich das System übrigens so überzeugt, dass ich damit auch direkt beim Sellaronda Skimarathon an den Start gegangen bin und meine persönliche Bestzeit laufen konnte.
Natürlich wollten wir es uns nicht nehmen lassen, meine positiven Erfahrung auch nochmal mit Ergebnissen aus dem Labor abzugleichen. Auch hier hat das Pintech-System auf ganzer Linie überzeugt und unsere Ingenieure konnten nach meinem praktischen Härtetest keinerlei Verschleißerscheinung an der Bindung feststellen. Der nächsten Speed-Transalp steht also nichts im Weg.
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